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Stromausfall in Westeuropa - Ursache: Panne in Deutschland
Mehrere Pannen im deutschen Stromnetz sorgten am 4. November 2006 für Chaos in Westeuropa. Allein in Deutschland saßen weit über eine Million Menschen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen im Dunkeln, in Frankreich angeblich sogar fünf Millionen. Der "Blackout" war zwar nur von kurzer Dauer (ca. 60 Minuten), brachte aber in Deutschland und Belgien den Zugverkehr teilweise zum Erliegen.
Laut E.ON könnte eine der Ursachen für den Stromausfall die geplante Durchfahrt des Kreuzfahrtschiffes "Norwegian Pearl" auf der Ems unter einer abgeschalteten Starkstromleitung gewesen sein. Auch eine Panne bei der Einspeisung von Strom aus alternativer Energie habe - so das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium - den Stromausfall mit verursacht. Der Ausfall betraf insgesamt etwa zehn Millionen Europäer, wie der Präsident des französischen Stromzulieferers RTE, André Merlin, am Sonntag in Paris mitteilte. Die Schäden bewegen sich in noch unbekannter Höhe, ein Verkehrschaos blieb dank der späten Stunde aus.
Ein Sprecher des Energieversorgers E.ON gab am Sonntag bekannt, dass eine halbe Stunde vor dem Netzausfall eine Höchstspannungsleitung über der Ems nördlich von Papenburg abgeschaltet wurde, um ein Schiff passieren zu lassen. Ein Zusammenhang sei nicht ausgeschlossen, es kämen aber auch noch andere Urschane in Betracht. Wie das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium erläuterte, müsse je nach Anteil des zugeführten Windkraft-Stroms die Stommenge anderer Energieträger angepasst werden. Am Samstag sei trotz erhöhter Einspeisung von Windkraft-Strom vermutlich die übrige Strommenge nicht ausreichend verringert worden.
Mehrere europäische Netzbetreiber hatten schon kurz nach dem Ausfall erklärt, eine Panne im deutschen Netz sei für die Ausfälle verantwortlich. "Um 21.30 Uhr wurde dort eine Hochspannungsleitung von 400 000 Volt ausgeschaltet," so Erik De Leye, Sprecher eines belgischen Netzbetreibers. "Um 22.10 Uhr geriet dadurch eine andere Hochspannungsleitung unter Überlast mit einem Dominoeffekt für die umliegenden Länder." Laut E.ON fiel der Strom im E.ON-Netz um 22.10 Uhr für knapp 40 Minuten aus. "Wir wissen immer noch nicht genau, woran es gelegen hat", teilte eine Sprecherin des Stromversorgers E.ON mit.
In Frankreich waren hauptsächlich der Norden und einige Stadtteile von Paris betroffen. Französische Medien meldeten die "größte Strompanne seit fast 30 Jahren". In Belgien kam der Bahnverkehr teilweise zum Erliegen. In Italien waren über hunderttausend Menschen stromlos, vor allem im Raum Turin, aber auch im Süden des Landes. Auch in Spaniens kam es zu regionalen Engpässen - dort wurden einige Kraftwerke automatisch abgeschaltet. Die Verbindung von Spanien nach Marokko sei aus Sicherheitsgründen gekappt worden. Auch Österreich bekam die Auswirkungen zu spüren: In Niederösterreich waren offiziell ca. 2000 Haushalte fast eine Viertelstunde ohne Elektrizität.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte, die Versorger müssten ihre Gewinne in das Stromnetz investieren. Die Stromausfälle erforderten einen Netzausbau, "weil wir in einem europäischen Strommarkt leistungsfähige Netze für den rapide zunehmenden Transport über große Entfernungen brauchen." Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) verlangte "rückhaltlose Aufklärung" von Seiten des deutschen Netzbetreibers. "Mein Ministerium wird von E.ON einen Bericht über die Netzstörung erhalten. Wir werden diesen Bericht zügig analysieren, um gemeinsam mit den Unternehmen sicherzustellen, dass sich solche Vorfälle, wenn irgend möglich, nicht wiederholen."
Experten mahnen seit Jahren einen Ausbau des Stromnetzes an. Bereits 2003 warnte die Europäische Kommission: "Ohne diese Investitionen und bei Fortdauer der gegenwärtigen Nachfragesteigerung und Belastung des Netzes entsteht ein immer größeres Risiko von Versorgungsunterbrechungen."